Wallace

David Foster Wallace - Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich

Der Mann, dessen Namen ich in meiner Erinnerung ständig verdrehe, mit einem Buch das eigentlich bereits durch die Kritiken auf dem, beim Taschenbuch nicht mehr vorhandenen, Buchumschlag unattraktiv wird. Neonreklameartige Rezensionsauszüge machen mich in der Regel ähnlich misstrauisch, wie der Hinweis "frischer Salat" oder "fangfrische Muscheln" auf Speisenkarten von mir unbekannten Restaurants. Attribute, die für gewisse Lebensmittel einfach als selbstverständlich angesehen werden sollten und die bei hervorgehobener Erwähnung nur den Eindruck erwecken, dass die in Erwägung gezogene Mahlzeit nur ausnahmsweise frisch ist und man daher bei allen Gerichten, denen es an diesem Hinweis mangelt, besser Vorsicht walten lassen sollte.

"Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich" erschreckt schon durch den Hinweis "Ein grandioses Buch!" von keinem geringeren als Harald Schmidt direkt unter dem Titel auf der Vorderseite. Wenn das Flagschiff deutscher Unterhaltung sogar mit Ausrufezeichen herangezogen wird, um ein Taschenbuch von einem noch dazu nicht unbekannten Autor aufzuwerten kann man schon misstrauisch werden. Macht man dann den Fehler und dreht das Buch um, blinkt einem bereits "Ebenso klug wie brüllend komisch!" vom Standard entgegen. Spätestens hier, war ich hart versucht, dass Buch flux wieder fallen zu lassen. Doch hier sei der Gerechtig- wie Notwendigkeit halber gesagt: Es wäre ein Fehler. Die Unterhaltung zwischen den Buchdeckeln ist sowohl die visuelle als auch verbale Vergewaltigung auf Vor- und Rückseite wert.

Waller, leicht agoraphob und von bürgerlich anerzogenem Anstand gequält, unternimmt im Auftrag von Harper´s Magazine eine 7-tägige Luxuskreuzfahrt und liefert einen gnadenlosen Bericht vom Kreuzfahrer-Alltag. Im Ergebnis heißt das: messerscharfe, teils desillusionierend zynische, teils trocken humorige Beschreibungen von Menschen, Maschinen und Räumlichkeiten. Wer einen Reisebericht erwartet, wird hier sicherlich enttäuscht, wer hingegen auf stille Art bissig unterhalten werden will ist hier genau richtig. Brüllend komisch ist definitiv anders, aber brüllend komisch lebt in der Regel eher von einem Mangel an Niveau, was man Waller definitiv nicht unterstellen kann. Alles in allem, gute, kurzweilige Unterhaltung, die einem locker einen trüben Regentag veredelt.

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walküre meinte am 25. Jan, 10:57:
bin mittlerweile
beim letzten drittel angelangt und muss dir absolut zustimmen ! anfangs war ich zwar nach meinem bill-bryson-reinfall etwas skeptisch, habe mich dann aber doch überwunden und wurde für diese willensanstrengung umgehend bestens belohnt ! die überbordenden fussnoten hemmen mitunter den lesefluss ein wenig - wobei ich kein problem damit hätte, wären diese in den text eingebunden -, aber dieses manko nimmt man gerne in kauf ! alleine die textpassage, in der er mit leichter paranoia sinniert, woher das personal weiß, dass er gerade nicht in seiner kabine weilt, ist genial geschrieben ... 
Eriador antwortete am 30. Jan, 11:53:
Freut mich, dass es Dir gefällt, die Fußnoten fand ich manches Mal auch ein wenig irrtierend, mal ganz ab davon, dass es was von lernen für die Uni hatte bin ich genau Deiner Meinung, die meisten hätten sich auch wunderbar in den Text gefügt. Aber gut, jedem seine Stilmittel :)

Traumhaft finde ich persönlich ja einfach auch, dass in dieses Unterdrucksystem der Toiletten und die Funktionsweise des Föns nicht loslässt und an welchen Stellen unvermittelt dieser leichte Verfolgungswahn wieder auftaucht :) 
 

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