Koeln in all seiner Pracht

Ich hatte es vergessen. Ich bin mir zwar überdeutlich des Umstandes bewußt, dass ich ausgerechnet in der Stadt lebe, arbeite und vor allem Freizeit entbehre, die mich immer genauso sehr angezogen hat wie sagen wir – Illmenau oder Schwätzingen – jedoch hatte ich den Hauptgrund dafür vergessen.

Narrenzeit – Die 5. Jahreszeit

Augelassene Gruppen von Wesen der Menschsein erst noch überprüft werden sollte, die sich zu hauf in den albernen Kostümen in den Strassen rumtreiben und sich jetzt mitunter schon aufführen als gäbe es kein Morgen. Wie soll das erst im Februar werden!? Nein nein schon klar, das war auch eigentlich nur eine rhetorische Frage. Um es vorwegzunehmen: Ich habe im Prinzip nichts gegen Karnevalisten. Weder gegen echte, noch gegen solche, die es gern werden wollen. Was mich stört ist missionarische Heiterkeit. Nicht jeden einfach so machen lassen können wie es jeder für richtig hält. Uferloses an anderen Rumgezupfe und Bejubele, die scheinbare Notwendigkeit harmlose, nichtsahnende Menschen, die einfach nur in RUHE nach Hause, ins Kino, die Kneipe... gehen wollen, am Arm zu ziehen und auszubuhen wenn man ihnen Unflätiges um die Ohren haut.

Zur Erläuterung/Erinnerung:
Ru|he [f. –nur Sg.] 1 Schweigen, Stille; friedliche R.; die nächtliche R.; R. geben still sein; er gibt keine R. er bedrängt mich ständig (mit Bitten, Forderungen); R. trat ein 2 Entspannung, Erholung; sich R. gönnen; er findet einfach keine R.; angenehme R.! [Gutenachtgruß] 3 [kurz für] Ruhestand; sich zur R. setzen sich in den Ruhestand begeben 4 Friede, Zustand ohne Kampf, Streit oder Erregung; ich will nichts weiter als R. und Frieden [verstärkend]; die ewige R. [geh.] der Tod; in die ewige R. eingehen [geh.] sterben; jmdn. zur ewigen R. tragen, geleiten [geh.] jmdn. beerdigen; jmdn. in R. lassen; lass mich mit deinen Ratschlägen in R.!; hier habe ich endlich R. vor ihm 5 Kaltblütigkeit, Gelassenheit; er hat die R. weg [ugs.] er lässt sich durch nichts beunruhigen; sich durch nichts aus der R. bringen lassen 6 Bewegungslosigkeit; ein Motor im Zustand der R.

Um es noch mal zu betonen, ich habe nichts gegen Karnevalisten – sofern sie weit genug weg sind. Am besten in einer anderen Stadt. Noch besser in einem anderen Land. Nach Möglichkeit jedoch nicht unter meinem Fenster, in dem Haus in dem ich schlafe (von leben kann hier ja kaum die Rede sein) auf dem Weg auf dem ich zu/von der Arbeit gehe.

Ich meine Bitte – warum in alles in der Welt ist Karneval ein Grund alles und jeden missionieren zu wollen. Hochzeiten, Fußballwelt- oder Europameisterschaften, die Geburt eines Kindes... aber KARNEVAL!? Sich blöde anmalen, häufig eher geschmacklos zu verkleiden und im Fall des kölschen Karnevals: Saufen bis weit über die Besinnungslosigkeit hinaus um dann zur Not einen Köter zu vögeln wenn nichts anderes da ist (was wohl eher nie der Fall ist)? Das soll verlockend sein?

Um es mit den Worten von John Cage zu sagen: Meine Damen und Herren: Ich bitte Sie!

Also einigen wir uns doch bitte auf eins: Ich bin weiß Gott gestraft genug damit, dass ich hier in dieser Stadt in der ich nie leben wollte und die mich nie mehr angezogen hat als Illmenau oder Schwätzingen, wohne, lebe, schlafe und arbeite! Da muss ich mich in dem bißchen Freizeit dass ich derzeit noch habe nicht zwingen lassen zu lachen wenn ich grade lieber schreien möchte. Lasst mich bitte einfach in Ruhe. Feiert. Vögelt. Sauft. Prügelt Euch. Schrumpft Eure mikroskopischen Gehirne für die nächsten Monate auf ihr Minimum zurückt und lasst mich einfach in Frieden. Sprecht mich nicht an. Lacht mich nicht an. Macht mich nicht an. Und vor allem: FASST MICH NICHT AN! So bleibt mir wenigstens ein Minimum an Hoffnung, dass ich nach den kommenden drei Monaten nicht im Knast sitze.

Ach und bevor ich es vergesse, für dieses Blog gilt:

KARNEVALSFREIE ZONE!

Was von vornherein und absolut klar war ist, dass die Bayern natürlich als einzige "Nation" nicht die deutsche sondern die königlich bayrische Flagge tragen werden.

Was ebenso klar war ist, dass sich deutsche Jugendliche enorm schwer damit tun die deutsche Flagge in einer den anderen Nationen der Welt vergleichbaren Euphorie zu schwenken.

Interessant finde ich die Diskrepanz im Verhalten von Kardinälen im Vergleich zu einfachen Priestern im Umgang mit "der Jugend", sowie den krassen Gegensatz zwischen dem Umgang und Auftreten von Priestern aus den sogenannten Drittländern, im Vergleich zu ihren westlichen und eher unnahbaren Brüdern. Es scheint unbestreitbar, dass die wohlgenährteren den Draht zu ihren Schäfchen schon lange verloren haben, sich tatsächlich eher auf einer höheren Gott näheren Ebene wähnen. Ich muss mich jetzt schwer anstrengen, aber war da nicht irgendwas mit: Eher geht ein Kamel durch ein Nadelör als das ein Reicher ins Himmelreich gelangt?

tbc.

Für die Stadt Köln, oder vielmehr das was in ihr dieser Tage vor sich geht, bin ich einfach zu wenig spirituell erleuchtet. Es fällt mir äußerst schwer das Ganze mit einem freundlichen Lächeln abzuhaken. Ich möchte sogar behaupten, dass es meine Zunge juckt einen zynischen Kommentar nach dem anderen auszuspucken.

(Darüber hinaus finde ich es äußerst unchristlich, dass seit Einfall der christlichen Jugend der Welt allnächtlich die Krankenwagen unter meinen Fenstern fangen spielen. Das sieht mir doch sehr nach Alkoholvergiftungen und anderen Übertretungen aus - oder harmlosen Bürgern wie mir, denen einfach der Kragen platzt. Wer weiß das schon.)

Die Navigation in dieser Stadt würde um ein Wesentliches erleichtert, wenn die Stadt sich mal den Spaß gönnen würde ein klitzekleinwenig Geld für Straßenschilder!!! auszugeben! Das kann doch nicht zuviel verlangt sein!

What the fuck is that thing about Birkenstock? Mal ganz im Ernst, hab ich was verpaßt? Birkenstock waren doch mal der Inbegriff gruseliger Bekleidung oder etwa nicht? Zweckmäßig gesund, super um zu Hause darin rumzuschlappen, aber öffentlichkeitstauglich nur dann, wenn man völlig schmerzfrei gegenüber der Meinung anderer war, man einen gebrochenen Fuß oder ein Hüftleiden hatte oder zur Gruppe jener gehörte, die ohnehin vorzugsweise dicke Wollsocken in Sandalen, Norwegerpullover in Übergröße und wild gefärbte Batiktücher trugen. Also was ist passiert? Warum begenen mir in dieser Stadt der schwulen, schönen und zu beneinahe jeder Gelegenheit absolut overdressten Weltenbürger ständig Menschen in Birkenstock Sandalen.

As you may remember:
birkenstock-men

Wohlgemerkt eben nicht Menschen die sich in mein kleines engstirniges Raster da oben quetschen lassen, sondern solche, die Sachen tragen die ich DURCHAUS auch tragen würde oder gegebenenfalls sogar trage. Junge flotte Menschen, die Birkenstock wie FlipFlops tragen.

Ganz im Ernst: Muss Das Sein?
Bitte liebe Muse der Modeschöpfer, Opinion Leader und Trendsetter komm nicht auf den Gedanken Birkenstock in Mode kommen zu lassen. Bitte, ich flehe Dich auf den Knien meiner heißgeliebten Markenjeans an, die der beinahe lebende Beweis dafür ist, dass man mir alles verkaufen kann, wenn man mir nur lange genug einredet, dass man es einfach schön finden muss, ich es einfach schön finden muss. Und das funktioniert am zuverlässigsten in der Heavy Rotation, genauso wie Klingetöne verkauft werden. Bitte bitte liebe Muse, bring mich nicht in die Situation in der ich plötzlich vor einem Laden wie "Meindl" aufwache und realisiere, dass ich grade eine horrende und absolut nicht zu rechtfertigende Summe Geld, welche ich ohnehin nicht habe, für neue schicke Birkenstock Sandalen ausgegeben habe! Bitte! Bitte! Bitte!

... jetzt muss ich sie nur noch kriegen. Mir schwant das könnte tatsächlich schwieriger werden. Ach ja, nur so am Rande, es wird tatsächlich eine Schufa-Auskunft verlangt, und das ist erst der Anfang, ich glaube wirklich im bin im falschen Film!

Lieber Wohnungsinserierender,
wenn Du Nippes schreibst aber Niehl meinst, dann sag das wenigstens wenn man sich mit Dir verabredet, denn bei diesem Wetter mal eben in der Mittagspause 40 Minuten mit dem Rad abzureissen ist nicht unbedingt ein Spaß, war mehr als unerwartet und zieht fataler Weise nach sich, dass ich jetzt nicht nur pupse wie ein Waldesel sondern auch noch transpiriere wie ein Auerochse (und somit meine Arme besser nicht mehr hebe)
Darüber hinaus: Parkett heißt nicht 10 von 60 m2 der Rest mit schudeligem Teppich auf dem sich die Milben mit den Silberfischen die nicht vorhandenen Klinken in die Hand geben und hell bezog sich meiner Meinung nach nicht auf das Vorhandesein von elektrischem Licht sondern auf den großzügigen Einfall von Tageslicht. Aber natürlich ist zu unterstellen, dass ich mich anstelle, das will ich auf keinen Fall ausschließen.
Auf gar keinen Fall auf bald,
Deine Dich aufrichtig verabscheuende
Wohnungssuchende

... in Köln ist wie offenen Auges ins Haifischbecken springen.
Was ist los, soll ich demnächst noch einen Lebenslauf und ein polizeiliches Führungszeugnis beilegen?

Ich wage es zu behaupten, dass es in Köln heute Nacht nicht ein Grad kühler war als am Tag! Sperrangelweit geöffnete Fenster, nichts weiter als ein Laken und ich habe immer noch den Eindruck als hätte ich unter der Höhensonne geschlafen. Fest steht, Rennerei hin oder her, die Wohnung die ich mir suche sollte so hoch oben wie möglich liegen, denn direkt zwischen den Häusern, ganz unten in den Schluchten und Abgründen, war heute Nacht bestimmt erst recht keine Luft zu bekommen. Ach Großstadt wie hab ich Dich vermißt....

Unglaublich welchen Unterschied lumpige 100 km machen können. Von den meteorologischen Bedingungen mal ganz abgesehen, dass sind immerhin auch durchschnittlich 5 °C, ist es vor allem das soziale Klima das mir zu schaffen macht. Ich habe tatsächlich schon Menschen auf offener Strasse lächeln sehen und nicht nur das, sie lächeln nicht einfach für sich, sie lächeln einen an! Aus einer Stadt kommend in der Höflichkeit als Aufdringlichkeit und offene Freundlichkeit als Folgen eines Vollrauschs angesehen werden, erlebe ich hier, wie ihr Euch wohl vorstellen könnt, einen Kulturschock nach dem anderen. Letzte Woche hat mich tatsächlich ein wildfremder Mensch umarmt!!! einfach so, nur weil wir uns nett!! unterhalten!!! haben, während wir uns für einige Meter den gleichen Schotterweg geteilt haben. Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen! Nett und unterhalten und fremd und einfach so! Die Siegener unter den Lesern werden verstehen was ich meine. Man unterhält sich nicht mit Fremden, wenn überhaupt, dann schimpft man mit oder vielmehr in Gesellschaft von Fremden, über das Wetter, die Politik, das Dasein an sich und vor allem über all jene, die sich frecherweise darin bewegen. Das ist ok, das kann man tun, aber reden? Never!

In Köln ist das anders, hier reden die Menschen miteinander und lächeln sich an, sie sind freundlich, schreien nicht ohne Grund Passanten an und geben ein wenig aufeinander acht. Was so schön sein könnte, weil es einfach schön ist, ist für mich als gebürtige Siegenerin so ungewöhnlich, dass es kaum erträglich scheint, ich kann unmöglich den ganzen Tag nett sein und schon gar nicht 7 Tage die Woche, 52 Wochen im Jahr! Das ist nicht drin, ich muss die Freiheit haben auch mal einen schlechten Tag zu haben, muss mal maulig und völlig quer sein dürfen ohne das ich deshalb gleich aus der Menge raussteche wie ein bunter Hund. Ich möchte ja gerne zu Euch ziehen, aber bitte macht es mir ein klitzekleines bißchen leichter, rammt mir bitte beim Einkaufen den Einkaufswagen in die Hacken, laßt bitte alle Türen vor meiner Nase zufallen, lauft hin und wieder mal broddelnd durch die Strassen schüttelt dabei über alles und jeden den Kopf und schreit jene an, die es wagen bei Rot die Strasse zu überqueren. BITTE! Nur eine Weile, denn so wie es momentan ist tut mir all abendlich mein Gesicht weh vom vielen Lächeln und ich hab weiß Gott genug damit zu tun mich Zwiebelartig zu kleiden, damit ich für die Kälte in Siegen und die Wärme in Köln gerüstet bin, ganz zu schweigen davon, dass ich mich nun auch noch in einen neuen Job einarbeiten muss, was auch nicht ganz ohne ist, hab also ein wenig Erbarmen mit mir und seid hin und wieder böse nur ein wenig, aber bitte nicht auf der Arbeit und auch nur so lange, bis ich mir auch emotional ein Zwiebel-Outfit zugelegt habe, denn nur dann bin ich in der Lage die sozialen Temperaturschwankungen ohne Gefrierbrand zu überstehen!

 

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