Ich kann mich noch an Zeiten erinnern als es für all jene von uns, die nicht das Vergnügen hatten bei äußerst progressiven Eltern aufzuwachsen, harte Arbeit war etwas über Sex zu erfahren, als die Sexualkundeseiten im Biologiebuch noch Anlass zum kichern und tuscheln mit roten Ohren waren, die gewissen Seiten in der BRAVO immer noch heimlich gelesen wurden und man Mutter oftmals sogar erst noch überreden musste das Ding zu kaufen, weil die wiederum Sorge wegen der möglichen jugendgefährdenden Auswirkungen der begehrten Gazette hatte.
An Zeiten in denen ich regelmäßig von Peinlichkeit getrieben das elterliche Wohnzimmer verlassen habe, weil 007 im Fernsehen mal wieder eines seiner Bond Girls vernaschte und man unter den Augen der prüfenden Augen nicht unbeteiligt genug schauen konnte, an Zeiten als Aufklärung noch eine Mischung aus dem verlegenen aneinanderreihen von technischen Begriffen meiner Mutter und dem unglaublich erwachsenen austauschen von aufgeschnappten Weisheiten unter Freundinnen war.
Damals gab´s sogar noch eilends einberufene Krisensitzungen, die ich vor allem in der Nachbetrachtung mit der Distanz eines fast erwachsenen Mädchens ungemein unterhaltsam finde, weil es damals um Dinge ging wie: „im Videorecorder meiner Eltern lag eine Videokassette mit einem Porno, da nimm sie das Ding von ihm in den Mund, das kann man doch nicht machen!!!! Sind meine Eltern pervers?“ (Gemeinsam reinschauen, fast kotzen und als bestätigt ansehen das D.s Eltern pervers sind) oder es ging um die Frage wer wem wann wie unter den Pulli gegangen ist. Und liebe Kinder von heute, damals war ich 14 -15 und ein bisschen und wir konnten uns über solche Sachen die Köpfe wund spekulieren, wie es wahrscheinlich nur Mädchen können.
Ich kann mich an Zeiten erinnern, in denen Tampons keine Selbstverständlichkeit und man sich Sorgen darum machte, dass man mit 14 die einzige in der Klasse war, die ihre Tage noch nicht hatte und sich deshalb minderwertig fühlte.
An Zeiten als Dates für´s Kino noch Verabredungen waren und für die nachmittags Veranstaltung Sonntags um 3 galten und außer völlig verpeilten Versuchen so was wie Händchenhalten auf die Reihe zu bekommen rein gar nichts passierte und man vom Film trotzdem nichts mitbekommen hat. An Zeiten in denen zwischen dem ersten Kuss mit Zunge (!) und dem „ersten Mal“ durchaus auch mal 2 oder 3 Jahre vergehen konnten und man sich in der Zwischenzeit noch mit der Erforschung von Petting und Necking beschäftigte (kennt das heute überhaupt noch jemand?)
Und vor allem an eine Zeit in der es nichts Spannenderes gab als verliebt zu sein, meist unglücklich, aber verliebt. Als nichts spannender war als die Frage ob man auf der Party von D. am nächsten Freitag den wohl irgendwie in die Gunst kommt mit dem Angebeteten auf „Right here waiting“ zu tanzen, als solche Partys ab einem gewissen Zeitpunkt nur noch aus Schummerlicht und Schwoofliedern bestanden, von den Jungs scheinheilig bebuuht und den Mädels heiß herbeigesehnt, als Mädels noch einen schlechten Ruf kassieren konnten wenn sie mit zu vielen Jungs getanzt (!!) haben.
An Zeiten in denen P. meine ganze Welt war und mir meine bis heute die romantischste Liebeserklärung gemacht hat, wir neun Monate mit vielen auf´s und ab´s zusammen waren, und dabei nebenbei die Basis für eine Freundschaft geschaffen haben, die die letzten 15 Jahre überdauert hat.
An mein erstes Mal (leider nicht mit P.) das alles andere als romantisch und vielmehr für die Kategorie „Manche Dinge verdrängt man lieber“ geschaffen war und und und also auf den Punkt gebracht ich kann mich noch an eine Zeit erinnern in der Sex seine Zeit gebraucht hat, einem nicht an jeder Straßenecke nachgeworfen wurde und im Fernsehen noch keine mittelschweren Pornos frei zugänglich liefen. Und jetzt, jetzt macht man den Fernseher an und 17-19jährige geben Interviews in denen sie die Frage beantworten welche Penislänge sie bevorzugen, wie dick er sein muss, ob lieber mit oder ohne Vorhaut, rasiert oder haarig, versiert wie die Alten, locker als hätten sie bereits seit 10 Jahren Sex, beim Frauenarzt begegnen einem 14jährige Schwangere, die es natürlich zu jeder Zeit gegeben hat, aber es scheinen mehr geworden zu sein. Und die Kiddies die hier neben an die Schule besuchen greifen dir schon mit 11 an den Arsch wenn Du nicht aufpasst.
Wo führt das hin? Und nein, es geht mir jetzt nicht darum mich hierhin zustellen wie meine Großeltern dass vielleicht bei meiner Mutter getan haben und lamentieren, dass es das früher so nicht gegeben hat, denn das ist wahrscheinlich nicht wahr und kommt ja auch immer darauf an von wo man schaut, aber was ich mich frage ist, an was werden diese Rotzgören da draußen sich in 10 Jahren erinnern? Und gibt es diese Zeit überhaupt noch, diese Zeit zwischen knutschen und f***** , diese Zeit in der nichts gewiss und alles noch neu und spannend ist, in der alles knistert und sich alles neu anfühlt? Diese Zeit von der man immer mal eine winziges Revival bei jeder neuen Liebe erlebt, das aber nie mehr an die ersten Male herankommt, das erste Mal Händchenhalten, erstes Kinodate, erster Kuss, erste Hand unterm Tshirt, in der Hose, erster Sex, erste Variationen davon, erster Liebeskummer... Läuft das heute alles im Zeitraffer oder bin ich grad über die Maßen verklärt und rückwartsgerichtet? Oder einfach alt?

advent8



Heute gibts was zum spielen für alle die mal C64 oder auch nur Gameboy Fans waren :) wer danach noch nicht genug hat findet hier mehr davon.

 

twoday.net AGB

xml version of this page

powered by Antville powered by Helma
Site Meter