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Es ist so eine Sache mit ‚Greatest Hits’ - Alben, naturgemäß finden sich auf ihnen nur in den seltensten Fällen, die wirklich guten Stücke sondern eben nur die Kassenschlager, die die der Band zu ihrem Erfolg und der Tatsache verholfen haben, dass sie zumindest für eine Weile in aller Munde waren. ‚Rearviewmirror’, das erste Greatest Hits oder Best of Album, dass Pearl Jam in ihrem fast 14jährigen Bestehen herausgebracht haben, ist da leider nicht nur keine Ausnahme, sondern führt einem diesen Umstand auch noch besonders schmerzlich vor Augen.

Ein wenig erstaunt war ich, dass so kurz nach dem Erscheinen der ‚Lost Dogs – B-Sides und Rarities’ jetzt noch ein Greatest Hits Album auf den Markt geworfen wird. Scheint konsequent, ist meines Erachtens jedoch eher fragwürdig, bei einer Band, die bis auf wenige Ausnahmen keine großen kommerziellen Erfolge im klassischen Sinne gefeiert hat, und sich statt dessen vielmehr um die konsequente Weiterentwicklung ihrer Musik und ihres Stils bemüht hat und dabei aus Prinzip in der Regel auf die klassischen Marketing Tools wie Musikvideos oder große Interviewserien etc. pp. verzichtet hat. Nahe liegender wäre daher wohl eher eine ‚Best of...’ gewesen.
Entsprechend enttäuschend fällt dann auch das Ergebnis aus, während ‚Lost Dogs’ ein Schätzchen war, dass vor allem die Herzen der Fans um einiges höher schlagen lassen hat, ist ‚Rearviewemirror’ in dieser Hinsicht eher nichts sagend. Erwartungsgemäß kein repräsentativer Abriss der Entwicklung der Band sondern lediglich eine Ansammlung der Hymnen der ersten zwei Alben bereichert um die Schmuse- und Kuschelsongs der nachfolgenden, gespickt mit ein paar Krachern, die meines Wissens zwar nicht die Charts gestürmt haben, aber wohl um des guten Tones und der besseren Mischung Willen dazwischen gepackt wurden. 33 Stücke aus 12 Jahren verteilt auf zwei CD´s die man bös gesagt in kuscheln und abrocken aufteilen kann.
CD 1 bedient mit Alive, Once, Evenflow, einer wirklich schönen (und lang ersehnten) Studioversion von State of Love and Trust, Go, Animal, Rearviewmirror... etc. pp. hervorragend jegliches Gröl- und Abtanzbedürfnis, CD 2 lädt im Anschluss daran eher zum besinnlichen Teil, ein wenig zum chillen zu Black, Immortality, Daughter, Nothing as it seems ... ein. Alle Songs chronologisch geordnet, Album für Album abgehandelt und aneinandergereiht. Vor allem das ist ein Umstand, der all jene verwundern dürfte, die Pearl Jam jemals live gesehen haben. Eine Band, die live solches Geschick beweist alt und neu harmonisch und vor allem sinnstiftend neu zu arrangieren, enttäuscht doch ein wenig, wenn die ‚Greatest Hits’ einfach nur aneinander gereiht werden. Hinzu kommt, das man auf CD 1 auch vergeblich nach Stücken von den letzten beiden Alben sucht, obwohl doch zumindest ‚Breakerfall’ durchaus als kommerzieller Erfolg gewertet werden könnte, vor allem gemessen an manch anderem Stück das den Sprung auf das Album geschafft. Ein wenig verwundert hat mich ebenfalls, dass mit ‚Yellow Ledbetter’ und ‚Last Kiss’ dies Jahr zwei Songs als ‚Greatest Hits’ herausgebracht werden, die letztes Jahr noch als ‚Lost Dogs’ veröffentlicht wurden. Vor den Remixen sollte im Übrigen keine Angst haben, die wurden sehr vorsichtig angegangen und sind kaum als solche zu erkennen.

‚Rearviewmirror’ an sich kommt wie gewohnt nicht im popeligen Jewel Case daher sondern wieder in einem auf den ersten Blick ganz nett anzuschauenden und anzufassenden Digipack, doch auch hier setzt sich die Lieblosigkeit fort, die bereits beim Arrangement der Tracks festzustellen war. Ich komme nicht umhin infrage zu stellen, ob denn tatsächlich die Band für das Zustandekommen der Greatest Hits zuständig ist, oder ob nicht vielmehr Sony Music, aufgrund des ausgelaufenen Vertrages (der mit dem letzten Album ‚Riot Act’ erfüllt war), nochmals versucht Geld zu scheffeln.
Während ‚Lost Dogs’ eine, allem Anschein nach, in liebevoller Kleinarbeit entstandene Ansammlung von Schätzen geworden ist, bei der man nebenbei auch noch etwas über die Entwicklung der Band und die Entstehung jedes einzelnen Songs erfahren kann, sucht man bei ‚Rearviewmirror’ vergeblich nach wie auch immer gearteten Gimmicks mit denen PJ bereits seit der ‚Vitalogy’ 1994 ihre Alben ausstatten und verpacken und damit wieder und wieder allein schon die CD an sich zu einem haptischen wie visuellen Erlebnis gemacht haben. ‚Rearviewmirror’ strotzt grade zu vor einem Mangel an Information, und das obwohl auch hier wieder einige wenige Songs zu finden sind, die vorher so nicht zu bekommen waren.

Fazit
Rearviewmirror ist ohne Frage genau das richtige Pearl Jam Album für all jene die die Band 1994 großartig fanden und schon nach der VS. überhaupt nicht mehr mitbekommen haben, dass sie noch Musik machen. Gut für jene, die sich noch nie ein Album irgendeiner Band gekauft haben, sondern es in der Regel mit ‚Best ofs’ oder ‚Greatest Hits’ bewenden lassen, also solche deren Geschmack nicht weiter reicht als die Media Control Charts. Eventuell auch noch gut für jene, die momentan nicht die Lust haben sich eine neue PJ-Mix Kassette aufzunehmen, weil die alte den Geist aufgegeben hat, aber bei denen vermutet ich, dass sie bitter enttäuscht sein dürften, weil beispielsweise ‚Present Tense’ oder ‚Whipping’ fehlen, genauso wie ‚gods’ dice’ und überhaupt ein Großteil der neueren Stücke. Allgemein mögen die heißerwarteten Studioversionen von ‚State of Love an Trust’ und ‚Breath’ ein Trost sein, sowie die wenigen nach der ‚Lost Dogs’ übrig gebliebene und nun veröffentlichten B-Sides.

Meiner Meinung nach ein nettes Album, dass jedoch der wahren Leistung und der großartigen Entwicklung einer Band, die entgegen jeder Kritik seit mittlerweile fast 14 Jahren konsequent IHRE Musik weiterentwickelt hat, sich dabei selbst treu geblieben ist und es darüber hinaus geschafft hat auf ihrer Grunge-Vergangenheit aufzubauen, sich davon zu lösen und „erwachsen“ zu werden, ohne wie viele andere an diesem Prozess zu zerbrechen, absolut nicht gerecht wird. Es sollte mich nicht wundern wenn diese VÖ ausschließlich auf dem Mist von Sony Music gewachsen ist.

Alles in allem sollte man sich überlegen ob man sich, so man denn unbedingt einen Querschnitt aus 14 Jahren Pearl Jam haben möchte, nicht lieber eines der zahlreichen Live-Alben anschafft. Immerhin gibt es von der 2000er Tour mittlerweile allein 25 offiziell veröffentlichte Bootlegs von aus Europa und 47 aus America, eins zu jedem Konzert, jedes Konzert ein Unikat für sich, dass weit mehr über die musikalische Leistung und das Schaffen der Band in den letzten 14 Jahren verrät, als ein ‚Greatest Hits’ oder ‚Best of’ Album je könnte.

Tracklisting
CD 1
1.Once (2004 Remix)
2.Alive (2004 Remix)
3.Even Flow
4.Jeremy
5.State Of Love And Trust
6.Animal
7.Go
8.Dissident
9.Rearviewmirror
10.Spin The Black Circle
11.Corduroy
12.Not For You
13.I Got S**t
14.Hail, Hail
15.Do The Evolution
16.Save You

CD 2
1.Black (2004 Remix)
2.Breath
3.Daughter
4.Elderly Woman Behind The Counter In A Small Town
5.Immortality
6.Better Man
7.Nothingman
8.Who You Are
9.Off He Goes
10.Given To Fly
11.Wishlist
12.Last Kiss
13.Nothing As It Seems
14.Light Years
15.I Am Mine
16.Man Of The Hour
17.Yellow Ledbetter

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