Tagesform

..schon wieder, diesmal jedoch anders als im letzten Jahr in Schottland. Es ist nicht so, dass ich mich hier unwohl fühle, meistens jedenfalls nicht, es ist jedoch so, dass all das was jeden Tag auf mich ein prasselt, Namen, Fakten, Zusammenhänge, Zeit braucht um verdaut zu werden, verarbeitet und abgespeichert und dafür braucht es Frieden. Doch zu allem was die Arbeit ohnehin so mit sich bringt, bringen musskommen schon wieder Zahnschmerzen, das Gefühl immer auf 300 % Motorleistung zu laufen, der Wohnungsbesichtigungsmarathon nach Feierabend, kein Rückzugspunkt, nichts das sich anfühlt wie zu Hause und seit Tagen kein warmes Essen mehr - schlimmer noch - seit ungefähr drei Wochen unbefriedigten Heißhunger auf Schnitzel in Pfefferrahmsoße mit Kroketten und Salat und immer noch keines in Sicht. Ich sehne mich nach einem Plätzchen das sich anfühlt wie mein Heim. S. Zimmer ist ein Traum, ohne Frage und S. ist ein Stückchen Heim für mich, immer gewesen, seit wir uns kennen, aber S. ist nicht hier. So, keine Ruhe, kein Platz zum durchatmen. Mir fehlt mein zu Hause. Meine Bücher, mein Bett, mein Sofa. Der schnuckelige Esspressokocher und die Samstagmorgensonne die durchs Küchenfenster auf den überfüllten Tisch strahlt und pure Entspannung verheißt. Mir fehlt das Gefühl mich zurückzulehen und auch tatsächlich hinten anzukommen. Ohne Frage, ich bin derzeit völlig hintengegen, aber leider nicht im entspannten Sinne. Ich will nicht mehr allabendlich von einem Rattenloch zum nächsten traben nur um festzustellen, dass ich schon wieder auf einen Lyriker in der Wohnungsbeschreibung reingefallen bin. Ich will ein Zimmerchen, oder eine kleine Wohnung in das/die ich ein paar meiner Habseligkeiten schieben kann, kleine Stückchen zu Hause, so wie kleine Anker in der Realität, Fixpunkte, die mir helfen nach einem langen Tag Balast abzuwerfen und langsam wieder gen Boden zu schweben. Am besten gestern schon. Ich gehe jede Wette ein, dass sich meine nicht enden wollenden Zahnschmerzen dann auf völlig wundersame Weise verflüchtigen werden. Jede!
Ich komme kaum umhin zu bemerken, dass ich grade eine Wochenendbeziehung führe, eine Wochenendbeziehung mit meinem Zuhausegefühl. Wenn das kein Elend ist, denn eine größere Liebe als die zu dem Ort an dem ich Zuhause bin gibt es in meinem Leben wohl bestenfalls noch in Punkto Buch und Musik, doch auch die sind da wo meine Liebe ist, zu Hause und zu Hause ist, wo es Frieden gibt und das ist derzeit nicht hier in Köln.

Morgen abend fahr ich zurück, und ich erwarte fest in den Arm genommen zu werden, ganz fest. Und dann will ich einen Tee auf meinem Sofa in der Küche und mindestens eine Stunde bei Kerzenschein in meiner Badenwanne, begleitet von den Helden und einem netten Kerl der sich in Form eines guten Buches den ganzen Abend Ausdruck verleihen darf. Klingt alt? Egal. Klingt für mich wie der Himmel auf Erden und nur das zählt im Moment.

... ich kann ohne Übertreibung behaupten, dass ich mich momentan in einem äußerst flüssigen Zustand befinde.

Innerhalb von 24 Stunden von drei Menschen, die ich seit 10 bis 15 Jahren nicht mehr gesehen habe, gesagt bekommen ich sei um keinen Tag gealtert.
Auch wenn ich weiß dass das so nicht ganz stimmt und ich es ebenso eindeutig widerlegen könnte habe ich mich entschlossen mir letzteres zu sparen und mich einfach nur gut zu fühlen. Mehr davon bitte.

... er hat sich gewehrt, mit seinen letzten verbliebenen Kräften festgehalten, was zu greifen war und sich wirklich ausgiebig bitten lassen, doch jetzt ist es endgültig aus, ich werde nie wieder die gleiche sein, denn links oben und ganz weit hinten in meinem Kiefer prangt jetzt einhäßliches Loch, für das sich bislang kein Nachmieter finden wird. Was bleibt ist ein dumpfes Pochen und die Gewissheit, dass ich meinen Zahnarzt wechseln muss.

Wenn eine einzige, völlig asexuelle, Verabredung zum Mittagessen, ein Gespräch, ein paar entspannt gewechselte Worte und die Umarmung zum Abschied nach so vielen Jahren und Begegnungen immer noch ein rundum sinnliches Erlebnis ist, das gesamte Denken von jetzt auf gleich auf Fühlen umschaltet und man mit allen Sinnen jede noch so winzige Kleinigkeit wahrzunehmen in der Lage ist, dann sieht man sich gezwungen sich einzugestehen, dass manche Dinge sich einfach nicht von der Vernunft regeln lassen.

Wenn das jetzt einer der Tage wird, an denen ich heute abend nichts anderes denken kann als: Wärst Du doch bitte heute morgen liegen geblieben! Ich würde es bitte jetzt wissen wollen! Die Zeichen verdichten sich.

Bei weit mehr als 30 Grad in der Sonne, nicht dem Hauch eines Lufthauchs und einem Himmel so klar, dass er flirrende Hitzestreifen über Land und Leute legt, in einer langen Hose, mit malträtiertem Kreislauf, leichtem Fieber und anderen Erköltungswehwehchen in einem nicht klimatisierten Büro direkt unter dem Flachdach zu sitzen ist definitv das Don´t !!! des Jahres.

Mit einer der elendsten Zustände die ich mir vorstellen kann ist: nicht aufhören können nach dem Warum zu fragen. Selbst wenn man weiß, dass es nahezu keine Aussicht auf eine zufrieden stellende Antwort gibt, ja wenn man eigentlich sogar weiß, das eine Antwort wie gut sie auch sein mag, nichts ändern würde und man sich darüber hinaus im Klaren darüber ist, dass man einzige Antwort die es zu finden gibt, längst erhalten hat.

Stellt sich die Frage nach der Suche, ist es eine Antwort die man zu finden sucht, oder Hoffnung?

... da wundere ich mich seit Tagen was mit mir los ist, warum ich so nah am Wasser gebaut hab, mir jedes Stäubchen für Stunden die Sicht vernebelt, meine Stimmung eher zum tiefsten Winter als zum aufkeimenden Sommer paßt und plötzlich, ganz unerwartet und viel zu früh ist der Rätsels Lösung da. Mein Gott, ich kann Euch sagen, ich bin froh, dass es bei mir nur alle 5 -10 Monate mal solche Ausprägungen hat, wenn ich jeden Monat durch diese Hölle traben müßte hätte ich mich glaube schon hormonbahndeln lassen.

Und was mach ich jetzt damit? Ich lauf doch nicht noch drei Tagen zwischen Lachen und Weinen durch die Gegend!

War ja klar, kaum verspreche ich mir selbst, dass ich mich heute mit mindestens einer Stunde lesen auf einer Wiese meiner Wahl für meine vorbildliche Pflichterfüllung in den letzten Tagen belohnen werde, zieht sich der Himmel zu und hinterläßt ein vielschichtiges und buntschattiertes grau, dass den Aufenthalt auf einem Grünstreifen und sei er noch so attraktiv, wenig reizvoll erscheinen läßt.

 

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