Times are changing II
Ich lasse nicht gern los, halte oftmals viel zu lange fest. An dem was mir am Herzen liegt, was mir lieb geworden ist, für was ich vielleicht sogar Pläne gefasst habe. Ich lasse nicht mal dann los wenn ich weiß, dass es besser wäre für was auch immer ich loslassen sollte oder auch für mich.
Kaum notwendig zu erwähnen, dass ich nicht zu denen gehöre, die immer dann gehen, wenn es am Schönsten ist. Ich bleibe sitzen – weit über die Vorstellung hinaus, lasse den Schlussakkord verklingen, treibe durch den Abspann, lasse die Flut von Besuchern an mir vorbeiströmen und verlasse mit den Wenigen die wie ich im Nachhall der Vorstellung sitzen langsam den Raum – nicht ohne dabei noch den ein oder anderen Blick über die Schulter zu werfen. Prüfend ob noch etwas kommt, ob es das wirklich schon war, ob es nicht irgendwie weitergeht. Bereit mich jederzeit wieder hinzusetzen und erneut einzutauchen.
Das ist im Kino oder Konzert ebenso wie im Alltag, im Job, in Beziehungen oder Freundschaften. Ich höre zu, lasse mir erklären, verstehe, rechtfertige, vergesse mich selbst und bleibe. Dumm? Manchmal bestimmt. Schlimm jedoch nur dann wenn man sich dessen nicht bewusst ist/bewusst wird. Schön? Ja, auch, denn nicht selten wird man noch mit einem Best-of der schönsten Pannen belohnt.
Heute ist der Tag gekommen (den besten habe ich zielsicher schon lange verpasst) hier loszulassen und mich zu verändern. Punktum: Ich gehe, lasse Twoday hinter mir und packe meine Sachen. Ein bisschen fühlt es sich an wie zu Hause ausziehen, alles hinter sich lassen was vertraut und irgendwie lieb geworden ist und sich auf etwas mehr oder minder Unbekanntes zu stürzen. Denn das ist das Ziel, ich gehe nicht um aufzuhören, sondern um weiterzumachen.
Worte zu finden und in Sätze zusammenzufassen fällt mir in letzter Zeit so unsäglich schwer, wie es mir während meiner Diplomarbeit, als ich hier mehr denn je zuvor geschrieben habe, leicht gefallen ist. Gründe bieten sich einige an. Die Anonymität ist futsch, viele kennen mittlerweile das Gesicht hinter Frau E. und was ich anfangs kaum als Manko empfunden habe, stellt sich mitunter durchaus als Hürde dar. Es verlieren sich Freiheiten deren Wert einem vorher kaum je bewusst war. Sich selbst Ausdruck verleihen ohne dabei ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen, ist weitaus einfacher wenn man dabei unsichtbar bleibt. Doch auch wenn es mich dann und wann hemmt, es verliert sich, man wächst darüber hinaus, stolpert vielleicht mal, klopft die Stäubchen runter und kann weiter machen.
Schwieriger dagegen ist es mit der Zeit. Seit mittlerweile rund 9 Monaten bin ich „ausstudiert“ und festangestellt. Eingegliedert in das Heer jener, die sich angeblich bemühen die Wirtschaft wieder anzukurbeln (oder sie davon abhalten, je nachdem wo man grade nachliest). Leider bleibt dabei kaum mehr Zeit triviale Alltagsbegebenheiten auseinanderzuklamüsern, geschweige denn darüber hinaus zu klettern. Seit Monaten blogge ich nur noch im Kopf. Produziere irgendwo zwischen Hirn und Fingerkuppe Stau und bringe, wenn ein paar Minuten Zeit bleiben, kaum zwei Sätze hintereinander, die ich bereit wäre so stehen zu lassen. Hier hilft wohl nur durchhalten. Bei verschiedenen Versuchen hier einfach ein „Tschüss war schön macht’s gut“ reinzustellen ist mir aufgegangen, dass es mir aktuell zwar ziemlich schwer fällt, ich es aber keinesfalls aufhören möchte, ich im Gegenteil durchaus noch genug im Kopf habe, was ich hier, oder woanders gern loswerden möchte.
Was mich dann zum Nächsten und Eigentlichen bringt, zu viel gestern. Soviel, dass für die Gegenwart zu wenig Raum bleibt, von der Zukunft kaum zu schweigen. Frau Eriador hat sich verändert, ihre Wiese ist die gleiche geblieben, die Vergangenheit bleibt Gegenwart.
Ergo mache ich jetzt den gleichen Schritt wie vor 11 Jahren – ich ziehe zu Hause aus – und wie vor 1 Jahr – Frau E. bekommt ihre erste ganz eigene Wohnung. Einiges werde ich mitnehmen. Anderes bleibt. Setzt Staub an und bildet ab heute meinen virtuellen Schuhkarton – den Karton, der alle Jahre wieder unter dem Bett hervorgezogen wird, in dem man rumstöbern kann und dessen Inhalt einen zum Schmunzeln, Lachen oder vielleicht sogar ein wenig zum Weinen bringt.
Es war schön hier und ab morgen geht es anderswo anderswo weiter. Der Kleister ist noch nicht ganz trocken, die Möbel sind noch nicht alle drin, aber ich bin zuversichtlich, dass ich das in den nächsten Tage über die Bühne bekomme.
Ade.
Ich lasse nicht gern los, halte oftmals viel zu lange fest. An dem was mir am Herzen liegt, was mir lieb geworden ist, für was ich vielleicht sogar Pläne gefasst habe. Ich lasse nicht mal dann los wenn ich weiß, dass es besser wäre für was auch immer ich loslassen sollte oder auch für mich.
Kaum notwendig zu erwähnen, dass ich nicht zu denen gehöre, die immer dann gehen, wenn es am Schönsten ist. Ich bleibe sitzen – weit über die Vorstellung hinaus, lasse den Schlussakkord verklingen, treibe durch den Abspann, lasse die Flut von Besuchern an mir vorbeiströmen und verlasse mit den Wenigen die wie ich im Nachhall der Vorstellung sitzen langsam den Raum – nicht ohne dabei noch den ein oder anderen Blick über die Schulter zu werfen. Prüfend ob noch etwas kommt, ob es das wirklich schon war, ob es nicht irgendwie weitergeht. Bereit mich jederzeit wieder hinzusetzen und erneut einzutauchen.
Das ist im Kino oder Konzert ebenso wie im Alltag, im Job, in Beziehungen oder Freundschaften. Ich höre zu, lasse mir erklären, verstehe, rechtfertige, vergesse mich selbst und bleibe. Dumm? Manchmal bestimmt. Schlimm jedoch nur dann wenn man sich dessen nicht bewusst ist/bewusst wird. Schön? Ja, auch, denn nicht selten wird man noch mit einem Best-of der schönsten Pannen belohnt.
Heute ist der Tag gekommen (den besten habe ich zielsicher schon lange verpasst) hier loszulassen und mich zu verändern. Punktum: Ich gehe, lasse Twoday hinter mir und packe meine Sachen. Ein bisschen fühlt es sich an wie zu Hause ausziehen, alles hinter sich lassen was vertraut und irgendwie lieb geworden ist und sich auf etwas mehr oder minder Unbekanntes zu stürzen. Denn das ist das Ziel, ich gehe nicht um aufzuhören, sondern um weiterzumachen.
Worte zu finden und in Sätze zusammenzufassen fällt mir in letzter Zeit so unsäglich schwer, wie es mir während meiner Diplomarbeit, als ich hier mehr denn je zuvor geschrieben habe, leicht gefallen ist. Gründe bieten sich einige an. Die Anonymität ist futsch, viele kennen mittlerweile das Gesicht hinter Frau E. und was ich anfangs kaum als Manko empfunden habe, stellt sich mitunter durchaus als Hürde dar. Es verlieren sich Freiheiten deren Wert einem vorher kaum je bewusst war. Sich selbst Ausdruck verleihen ohne dabei ein Blatt vor den Mund nehmen zu müssen, ist weitaus einfacher wenn man dabei unsichtbar bleibt. Doch auch wenn es mich dann und wann hemmt, es verliert sich, man wächst darüber hinaus, stolpert vielleicht mal, klopft die Stäubchen runter und kann weiter machen.
Schwieriger dagegen ist es mit der Zeit. Seit mittlerweile rund 9 Monaten bin ich „ausstudiert“ und festangestellt. Eingegliedert in das Heer jener, die sich angeblich bemühen die Wirtschaft wieder anzukurbeln (oder sie davon abhalten, je nachdem wo man grade nachliest). Leider bleibt dabei kaum mehr Zeit triviale Alltagsbegebenheiten auseinanderzuklamüsern, geschweige denn darüber hinaus zu klettern. Seit Monaten blogge ich nur noch im Kopf. Produziere irgendwo zwischen Hirn und Fingerkuppe Stau und bringe, wenn ein paar Minuten Zeit bleiben, kaum zwei Sätze hintereinander, die ich bereit wäre so stehen zu lassen. Hier hilft wohl nur durchhalten. Bei verschiedenen Versuchen hier einfach ein „Tschüss war schön macht’s gut“ reinzustellen ist mir aufgegangen, dass es mir aktuell zwar ziemlich schwer fällt, ich es aber keinesfalls aufhören möchte, ich im Gegenteil durchaus noch genug im Kopf habe, was ich hier, oder woanders gern loswerden möchte.
Was mich dann zum Nächsten und Eigentlichen bringt, zu viel gestern. Soviel, dass für die Gegenwart zu wenig Raum bleibt, von der Zukunft kaum zu schweigen. Frau Eriador hat sich verändert, ihre Wiese ist die gleiche geblieben, die Vergangenheit bleibt Gegenwart.
Ergo mache ich jetzt den gleichen Schritt wie vor 11 Jahren – ich ziehe zu Hause aus – und wie vor 1 Jahr – Frau E. bekommt ihre erste ganz eigene Wohnung. Einiges werde ich mitnehmen. Anderes bleibt. Setzt Staub an und bildet ab heute meinen virtuellen Schuhkarton – den Karton, der alle Jahre wieder unter dem Bett hervorgezogen wird, in dem man rumstöbern kann und dessen Inhalt einen zum Schmunzeln, Lachen oder vielleicht sogar ein wenig zum Weinen bringt.
Es war schön hier und ab morgen geht es anderswo anderswo weiter. Der Kleister ist noch nicht ganz trocken, die Möbel sind noch nicht alle drin, aber ich bin zuversichtlich, dass ich das in den nächsten Tage über die Bühne bekomme.
Ade.
Eriador - am Donnerstag, 23. Februar 2006, 00:06 - Rubrik: Ueber dieses Blog
Jeder kennt sie, jeder hat sie schon mal gegessen und jeder kann sich an sie noch aus der Zeit erinnern, als sie noch ein Großereignis im Schulranzen waren. Vor allem, wenn es sich um das Original von CORNY gehandelt hat. Jeder hält sie für eine echte Alternative beim plötzlichen Hunger auf was Süßes. Für eine gesunde und leichte Alternative zur körperlich zwar sehr befriedigenden, emotional und dermatologisch jedoch eher frustrierenden Tafel Schokolade. (Wo ich grade dabei bin frage ich mich doch ernstlich, wie kommt es, dass Tee scheinbar nur noch "Momente der Liebe", "Momente des Glücks" "Momente der Vollkommenen Einheit mit sich selbst" bietet, aber noch nie jemand auf die Idee gekommen ist Schokolade..., na egal, das Thema war ein anderes, zurück zum Müsli)
Sind auch die Zeiten elterlicher Müslirationierung lange vorbei, so hat sich doch irgendwie festgesetzt, dass es sich bei einem Müsli Riegel um etwas Gesundes handelt, dass man sich und seinem damit Körper etwas Gutes tut – in weitesten Sinne. Faszinierend ist daran nur, dass man kaum fataler fehlgehen könnte. Da wo ich entspannt eine Tafel Schokolade über den Tag verteilt esse, verdrücke ich innerhalb kürzester Zeit eine ganze Packung Müsli-Riegel. Riegel die – die präferierte Sorte ist und bleibt natürlich Schokolade, wie sollte es anders sein – pro 100g 420 kcal auf die Waage bringen und die eigentlich nur aus Fett und Zucker bestehen. Das sind grade mal 108 kcal weniger als ich bei einer ordentlichen Tafel Milka zu mir genommen hätte -doch nach der wäre ich erfahrungsgemäß 1. glücklich 2. satt.
Jetzt hingegen sitze ich da, trinke literweise gesunden Tee nebenher, bin mir eigentlich keiner Schuld bewusst und wundere mich warum meine Hose sich so prall(voll) anfühlt wo ich mich doch den ganzen Tag so gesund ernährt habe.
Selbstbetrug in seiner ineffektivsten Form....
Sind auch die Zeiten elterlicher Müslirationierung lange vorbei, so hat sich doch irgendwie festgesetzt, dass es sich bei einem Müsli Riegel um etwas Gesundes handelt, dass man sich und seinem damit Körper etwas Gutes tut – in weitesten Sinne. Faszinierend ist daran nur, dass man kaum fataler fehlgehen könnte. Da wo ich entspannt eine Tafel Schokolade über den Tag verteilt esse, verdrücke ich innerhalb kürzester Zeit eine ganze Packung Müsli-Riegel. Riegel die – die präferierte Sorte ist und bleibt natürlich Schokolade, wie sollte es anders sein – pro 100g 420 kcal auf die Waage bringen und die eigentlich nur aus Fett und Zucker bestehen. Das sind grade mal 108 kcal weniger als ich bei einer ordentlichen Tafel Milka zu mir genommen hätte -doch nach der wäre ich erfahrungsgemäß 1. glücklich 2. satt.
Jetzt hingegen sitze ich da, trinke literweise gesunden Tee nebenher, bin mir eigentlich keiner Schuld bewusst und wundere mich warum meine Hose sich so prall(voll) anfühlt wo ich mich doch den ganzen Tag so gesund ernährt habe.
Selbstbetrug in seiner ineffektivsten Form....
Eriador - am Mittwoch, 22. Februar 2006, 19:11
Wer wissen will wo die rheinländische Wiege steht und wo es Morgen richtig rund geht, informiert sich hier
Eriador - am Mittwoch, 22. Februar 2006, 18:49
was genau eine Amazone damit zu tun hat, weiß ich leider nicht, solltest Du jedoch ein Buch suchen, geht´s hierlang. Was mich jedoch mehr interessiert: Wie genau sieht denn ungesundes masturbieren aus? Sollten wir es hier tatsächlich mit alten Märchen und Mythen zu tun haben? Nur um sicherzugehen: Nein, Du wirst nicht blind! Nein, es ist nicht so, dass man als Mann nur x Samenzellen zur Zeugung von Nachwuchs hat und bei übermäßiger Masturbation die Fortpflanzung der eigenen Art gefährdet wird und Nein, es faulen einem auch nicht die Hände ab, oder wann hast Du das letzte Mal jemanden gesehen, der das ernsthaft von sich behaupten konnte?
Gefährlich und damit ungesund wird es meines Wissens erst beim Einsatz von Vorwerkstaubsaugern, Glasflaschen, Stricknadeln und ähnlichem, allerdings gehört das m. E. ohnehin in eine Kategorie, bei der man ggfs. überlegen sollte jemanden zu Rate zu ziehen, der sich mit hintenzuschließenden weißen Jacken und leichten bis mittelschweren psychischen Störungen auskennt.
Gefährlich und damit ungesund wird es meines Wissens erst beim Einsatz von Vorwerkstaubsaugern, Glasflaschen, Stricknadeln und ähnlichem, allerdings gehört das m. E. ohnehin in eine Kategorie, bei der man ggfs. überlegen sollte jemanden zu Rate zu ziehen, der sich mit hintenzuschließenden weißen Jacken und leichten bis mittelschweren psychischen Störungen auskennt.
Eriador - am Montag, 20. Februar 2006, 19:31 - Rubrik: Fragen Sie Frau E.
denn das ist, so kann ich Euch mit 100%tiger Gewissheit versichern, ist völlig normal!
Eriador - am Montag, 20. Februar 2006, 10:55 - Rubrik: Fragen Sie Frau E.
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Wenn der frühe Montag morgen mit einem Schaffner beginnt, der einem sagt man könne im Zug nicht nachlösen, und das bereits seit 5-6 Jahren nicht mehr, der einem dann ein Ticket über 40 Euro verpasst obwohl man weiß, dass es theoretisch geht, immer gegangen ist in den letzten 5-6 Jahren . Wenn man dann auf die Frage, was man denn seiner Meinung nach machen solle, wenn man zur Abfahrt des Zuges erst am Bahnsteig ankommt, wenn nicht im Zug nachlösen, nur die Antwort bekommt: Früher da sein! Wenn die Woche so beginnt, dann weiß man plötzlich warum es Menschen gibt, die plötzlich und unvermittelt ohne jemals vorher auffällig geworden zu sein, die Waffe ziehen Amok laufen. Wahrscheinlich sein wie mein Glück, dass ich erstens keine Waffe besitze und ich zweitens montags morgens einfach viel zu müde bin um mehr als meinen bösesten Blick hinzubekommen... das nächste Mal beiße ich.
If you always do what interests you, at least one person is pleased.
Katharine Hepburn
Katharine Hepburn
O kehrtet einmal Ihr aus den Palästen
Im dunstigen Dunkel enger Gassen ein!
O kehrtet einmal Ihr von Euren Festen
In's vierte Stockwerk, wo beim Oellichtschein
Blutarme Nähterinnen um den Bissen
Des lieben Brods zehn Stunden nähen müssen!
Kröcht' einmal Ihr mit Eurem Schmuck behangen
Zur Kellerwohnung, wo der Schuster flickt,
Sein armes Weib mit hungerbleichen Wangen
Den Säugling an die welken Brüste drückt,
Von Einer Mark oft sieben Menschen leben,
Die doch dem Kaiser noch den Groschen geben!
Es würd' Euch grausen, und in Eure Stirnen
Käm' flammengleich das Krösusblut gerollt,
Und durch den Puder Eurer feilen Dirnen
Bräch' sich die Schamgluth um das Sündengold,
Und wie, wenn Eise sich mit Feuern mischen,
Würd' Euch das Herz in frost'gen Schaudern zischen.
Ihr müßtet zittern, dächtet Ihr im Düster
Des Vorstadtelends an der Schlösser Pracht,
An Baldachin und Purpurbett und Lüster,
An Wein und Sillery und Wonnenacht
Und tausendfach müßt' Euch von allen Mauern
Vernichtung flammengrell entgegenschauern ...
Oskar Jerschke
(1861-1928)
Sprachlich nicht mehr ganz uptodate, inhaltlich doch aktuell wie eh und jeh...
Im dunstigen Dunkel enger Gassen ein!
O kehrtet einmal Ihr von Euren Festen
In's vierte Stockwerk, wo beim Oellichtschein
Blutarme Nähterinnen um den Bissen
Des lieben Brods zehn Stunden nähen müssen!
Kröcht' einmal Ihr mit Eurem Schmuck behangen
Zur Kellerwohnung, wo der Schuster flickt,
Sein armes Weib mit hungerbleichen Wangen
Den Säugling an die welken Brüste drückt,
Von Einer Mark oft sieben Menschen leben,
Die doch dem Kaiser noch den Groschen geben!
Es würd' Euch grausen, und in Eure Stirnen
Käm' flammengleich das Krösusblut gerollt,
Und durch den Puder Eurer feilen Dirnen
Bräch' sich die Schamgluth um das Sündengold,
Und wie, wenn Eise sich mit Feuern mischen,
Würd' Euch das Herz in frost'gen Schaudern zischen.
Ihr müßtet zittern, dächtet Ihr im Düster
Des Vorstadtelends an der Schlösser Pracht,
An Baldachin und Purpurbett und Lüster,
An Wein und Sillery und Wonnenacht
Und tausendfach müßt' Euch von allen Mauern
Vernichtung flammengrell entgegenschauern ...
Oskar Jerschke
(1861-1928)
Sprachlich nicht mehr ganz uptodate, inhaltlich doch aktuell wie eh und jeh...
Eriador - am Mittwoch, 15. Februar 2006, 18:20
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