Alltagskuriositaeten

Vor nicht ganz 4 Wochen hab ich meine Diplomarbeit abgegeben und an einem einigermaßen ausgeschlafenen Abend kurz danach, habe ich, so wie all die vielen Wochen davor, versucht meine Gedanken in Worte zu fassen, diese aufzuschreiben und zu bloggen. Um es kurz zu machen: Das Martyrium war unglaublich und das Ergebnis gleich Null. Es ging nicht, wollte einfach nicht. Kein Wort wollte die Spitzen meiner Finger erreichen, jede Formulierung holperte so sehr, dass ich mir bildlich vorstellen konnte, wie sie von einer Gehirnwindungswand gegen die nächste stolperte, sich blaue Flecken zuzog und sich schlussendlich kläglich ihre Wunden leckend in ein stilles dunkles Eckchen zurückzog um ja nicht noch mal Gefahr zu laufen von mir auf Papier gebannt zu werden.

Aus einem gescheiterten Versuch wurden viele und mittlerweile platzt der Gedankschnipsel-Ordner, auf Basis meiner Unfähigkeit lose Enden zu verknüpfen, aus allen Nähten. Aus dem anfänglich flüchtigen Gedanken, dass mit Beendigung meiner Diplomarbeit jegliches bisschen Kreativität oder Lust an der verbalen Rumspinnerei endgültig aus meinem Denkapparat gelöscht wurde, schien Gewissheit zu werden, bis ... ja bis zu diesem Wochenende. Im Kreise alter Freunde, die ich teilweise sehr lange nicht mehr gesehen hatte, hörte ich mich plötzlich erzählen, wie ich sonst nur schreibe und musste erkennen, dass mal wieder einzig die Benennung des Problems eines erstehen lassen hat. Ein übermächtiger, wichtigtuerischer Troll, der in meinen Gedanken wildern geht und mich hemmt, sobald ich meine Finger auch nur ansatzweise in Richtung Tastatur oder Bleistift bewege. Doch so wachsam der heimtückische Kerl auch zu sein scheint, er hat doch meinen Spaß an der Freude unterschätzt, so dass er auf anderen Kanälen ausgetrickst wurde und ich nun wieder mit weit größerer Entspannung hier sitzen kann und langsam aber sicher die Worte ihren Weg finden lassen. Natürlich rumort er noch gewaltig, hat seinen Kampf noch nicht aufgegeben, will mich nicht einfach machen lassen, und muss dennoch erkennen, dass er auf dem besten Weg ist von seinem sicher geglaubten Terrain vertrieben zu werden.

Ich glaube der Haken ist einfach, dass ich bis vor 4 Wochen nahezu rund um die Uhr an meinem Rechner gesessen habe, ich meine Gedanken jederzeit niederschreiben konnte und dafür nie mehr machen musste, als das Fenster zu wechseln. Das hat sich nun zwangsläufig geändert, ich bin weniger zu Hause, abends häufig müde und nicht so motiviert noch viel zu schreiben, habe selten direkt einen Block zur Hand um aufzuschreiben, was ich gern sagen würde, was letztlich wohl bedeutet, dass ich einfach nur meine Herangehensweise ändern muss um da weiterzumachen, wo ich vor 4 Wochen aufgehört habe. Und genau das werde ich nun tun, fortan wird man mich nicht mehr ohne Papier und Bleistift sehen! Hah!

15.03.2005

Ich schulde Euch noch was...


Meine erste Tupperparty, ich wurde defloriert, mit 29 und mit Plastikschüsseln und ich muss sagen, es war ganz wie bei dem anderen ersten Mal: ich bin ganz schön enttäuscht. Auch hier weiß ich nicht genau was ich erwartet habe, und dennoch war nichts so, wie man es sich immer vorgestellt hat. Irgendwie hab ich schon mit einem besonderen Prickeln gerechnet, mit einer gewissen Spannung, mit dem gewissen Etwas, beispielsweise einem nicht zu unterdrückenden Kaufzwang. Aber in der Nachbetrachtung war es einfach nur schnell vorbei, wenig aufregend und ich hätte stattdessen auch gut etwas anderes machen können, irgendwas Unterhaltsameres. Nach meinem ersten ersten Mal haben wir ferngesehen, nach diesem ersten Mal war ich auf einem Konzert und in einer Musikkneipe, ich war um drei Uhr morgens zu Hause, eine Zeit zu der ich in der letzten Zeit in der Regel fast schon wieder aufgestanden bin... eindeutiges Anzeichen von frustriertem Kompensationsverhalten.

Jaaaa ich hab was bestellt, natürlich, aber nicht aus Überzeugung, nicht weil ich von einem euphorischen Kribbeln geleitet mit zittrigen, schweißnassen Fingern kaum noch mein Bestellformular erwarten konnte. Im Gegenteil, ich hab mich gefühlt wie früher im Kindergottesdienst, wenn ich mich nicht getraut habe nach rechts oder links zu blicken, damit ich ja keinen Lachkrampf kriege falls ich zufällig den Blick meiner besten Freundin kreuze. Nur war es hier nicht S. sondern meine Mutter die mit breitem und kaum beherrschtem Grinsen, ihre Schuhspitzen begutachtete um nicht in schallendes Gelächter auszubrechen, während ein herpesgeplagtes schmalgesichtiges Weiblein im Kashmir-Pullover mit Perlenkette versucht hat Mahlchef und Käsemax zu kaum tragbaren Preisen an die kichernde Weiberschaft zu bringen. Bestellt hab ich nur, was ich mir vorher schon im Katalog ausgesucht hatte.

Tupper überaltert. Eindeutig, zumindest in ländlichen Enklaven wie dieser hier, wie sollen mittelalte unflexible humorlose Frauen, die nur ihren Tupperware Leitfaden abspulen eine Horde verkappter Sex and the City Girls (gewagter Vergleich, aber nimmt man die beiden im Kontrast ist das durchaus zutreffend) dazu bringen 50 Euro für eine zu kleine Thermoskanne auszugeben? Hah! Keine Chance und somit habe ich mich entschieden, ich pfeif auf mein Diplom und möbel Tupper auf, spätestens in drei Jahren habe ich das jede deutsche Studenten WG vom billigen Ikeaplastik gereinigt und sie mit einer hochwertigen Grundausstattung von Tuppers Junger Welle ausgestattet!

Und noch während ich hier so sitze und denke merke ich, dass auch ein miserabler Verkaufsabend ein hervorragender Seelenfänger sein kann, wenn nicht sogar der beste von allen... besinne mich also zurück auf das Wesentliche, setze mein Headset wieder auf und logge mich in mein Call Center Telefon ein. Glück hat eben nicht zwingend das Gesicht des Ei des Kolumbus (2) und ist dementsprechend auch nicht einfach durch die Investition von 13,90 Euro zu erwerben.


Die Frage die ich mir während der ganzen Veranstaltung und danach einfach nicht beantworten konnte ich die: Gibt es tatsächlich Menschen, die ihren gesamten Hausstand mit Plastik bestreiten? Von der Obstschüssel bis zur Suppenterrine?

Als eindeutiges Anzeichen sozialer Alterung ist es wohl anzusehen, dass ich den Freitagabend der nächsten Woche auf einer TUPPERWARE Party verbringen werde. Gut die Gastgeberin ist meine Mutter, so gesehen kann man das wohl auch einfach noch als familiären Gefallen verbuchen, aber ich muss zugeben: ich bin neugierig.

Ich will wissen, wie solche Abende ablaufen und warum das Party heißt. Ich will in das geheime Plastikwarenverhalten erwachsener Frauen eingeweiht werden, die nur zu gerne horrende Summen für Produkte ausgeben, deren Namen fester Bestandteil meiner Pausenmahlzeiten in Kindergarten und Schule waren. Namen wie Julchen oder Naschkätzchen oder so. Produkte, die mir so manchen Geburtstag und noch häufiger die weihnachtliche Geschenkeeuphorie verdorben haben, da sich in dem hübschen großen Karton eben nicht neue Rollschuhe, sondern vielmehr ein dreiteiliges Rührschüsselset oder andere Backutensilien befanden.

Jetzt schon weiß ich, dass die Teilnehmenden mit kleinen Präsenten geködert werden, was ich nicht weiß ist, welche Rauschmittel verteilt werden, die dazu führen, dass jemand für eine einfache Frischhaltedose bis zu 19,90 € ausgibt. Ich werde die geheimen Initiationsriten aus nächster Nähe beobachten und dann hier genau Bericht erstatten, was sich auf diesen Treffen manischer Plastikdosen-Fetischistinnen abspielt, werde die geheimen Verhaltensweisen genau studieren und hier Aufschluss darüber geben. Und während ich noch darüber sinniere, wie objektiv und entspannt ich dazwischen sitzen werde, mit diesem leisen, wissenden Lächeln auf den Lippen, bemerke ich, dass das nicht so einfach werden wird, dass sich eine leichte Hitze zwischen meinen Schulterblättern breit macht, ich hibbelig werde und mich nach Plastik verlangt. Nach der Kleinen Hit-Parade, nach PrimaKlima und Kolumbus und während ich hier schreibe wird mir bewußt es hat mich gepackt, ich bin infiziert, in langen Jahren von meiner Mutter auf gewitzte Art mit kleinen Tuppergeschenken vorbereitet hat mich jetzt das Fieber gepackt. Ich will aufgenommen werden, dazugehören! Ich bin verloren.

Sam hat in einer der letzten Folgen von SATC in Bezug auf graue Haare sinngemäß etwa Folgendes gesagt: "Reißt Du eins aus, kommen zehn zu seiner Beerdigung." Recht hatte sie wie ich jetzt weiß. Was sie leider nicht dabei gesagt hat ist, dass die gleiche Regel auch für ausgedrückte Pickel gilt.

Wie ich an anderer Stelle bereits erwähnte sind meine Nachbarn von gegenüber tendenziell eher seltsam, einen eindeutigen Beweis dafür haben sie mal wieder an Heilig Abend geliefert. Ich muss ja nicht immer alles verstehen, will ich auch gar nicht, aber was genau war da los:

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Warum hechten sie nicht in aller Eile durch die Geschäfte um die letzten Geschenke zu besorgen, schmücken einen Baum, stopfen den Truthahn oder schreien sich an, so wie normale Manschen es auch tun? Warum schieben sie Autoreifen und Schrott in Einkaufswagen durch die Gegend, und erwecken den Eindruck von Kriegsflüchtlingen? Warum mitten auf der Strasse und nicht auf dem Bürgersteig? Warum trägt der Inhouse Hutträger aushäusig nicht mal eine Mütze? Fragen über Fragen und um es festzuhalten, die Antwort kann nicht sein, dass es sich bei den Autoreifen um ein Geschenk handelt, denn sie bewegen sich eindeutig von der Wohnung weg.

nienienienienienie Kaffee mit Mokkapulver im itlienischen Espressokoscher auf der Herdplatte kochen, wirklich nie (außer ihr wollt einem ExLiebhaber was heimzahlen und seine Designerküche ruinieren!). Ich hab´s heute morgen getan und zum dank dafür ist dass ganze Ding hochgegangen, alles voll, alles braun, als nass. Pulver an den Wänden, den Schränken im Obst, in jeder Ritze. So schwer zu entfernen wie dieses rote Zeug von den Kariestabletten die man als Kind hin und wieder zu kauen bekam, die einem zeigen sollten wo man nicht gründlich genug geputzt hat und für dessen Entfernung man hinterher stundenlang die Zahnbürste malträtiert hat.

Eine genauere Überprüfung hat ergeben, dass das Pulver für Mokka so fein gemahlen ist, dass es mit dem Wasser in die Kanne aufsteigt, das Sieb dabei völlig ignoriert und sich im Schlot ansammelt, solange bis kein Wasser mehr durch kann, dann ist einen Moment Ruhe, der Wasserdruck steigt, und dass ganze entlädt sich explosionsartig so massiv, dass man nicht mal eine Chance hat die Kanne von der Platte zu entfernen bevor nicht alles draussen ist. M. stand glücklicherweise neben mir, geglaubt hätte sie mir sonst nie, dass das ohne mein Zutun passiert ist. Ein bißchen wars wie früher zu Hause, "Nein Mama wirklich, ich hab nichts gemacht!" "Ne ist klar, dann wars wohl der heilige Geist, los, ab in DEIN ZIMMER!"

So fängt der Tag gut an.

...


Ich: "Sag mal, hast Du überhaupt Office?"

Mom: "???"

Ich: "Na Word, Ecxel und so, der Kram mit dem Du vorher gearbeitet hast"

Mom: "Wart mal, ....., ja hier, Word Pad, is drauf"

I: "Nein, Mama, Microsoft Office, das Programm heißt einfach nur Word, das hattest Du vorher auch, zum Dokumente schreiben und so"

M: "ach so, ja klar, Outlook, das ist drauf"

I: "..."

Im Internet ist sie jetzt übrigens mit RTL, nein nicht AOL, ist schon RTL 100 Stunden umsonst oder so. Hat ihr jemand gegeben die CD. ... Dafür das sie vor einem Jahr noch ständig Angst hatte das Ding könnte explodieren wenn sie die falschen Knöpfe klickt, ist sie jetzt verdammt flott darin alles aufzuspielen was ihr irgendwer in die Hand drückt. Die Experten die sowas tun, scannen machen ihr einen Briefbogen mit Logo fertig, der Sache sage und schreibe 2,2 MB groß ist, weil die Grafik als BMP eingespeist ist.

... doch das Fleisch war schwach.

Da wollte ich ganz stark sein und hab diese Kompositionen der Sinnenfreude, Schokoladen-Kekse die ihres Gleichen suchen und die J. letzte Woche von einem Hannoveraner Bäcker mitgebracht hat, ans andere Ende meines Zimmers gestellt, damit ich nicht alle auf einmal esse und immer aufstehen und rübergehen muss wenn ich mal einen essen möchte.
Und jetzt? Nicht ganz 20 Minuten später sitze ich hier mit einem schokokeksumkrümelten Mund und braunen Zähnen und in der Tüte, die immer noch am anderen Ende des Zimmers steht, ist noch genau 1 Keks. Ob das wohl gesund macht?

Allem Anschein nach bin ich in den letzten 20 Minuten alle 2 Minuten aufgestanden und hab mir einen Keks geholt ohne es so wirklich zu merken, so langsam fange ich an zu verstehen wie das läuft wenn J. sich Nachts, halbschlafend, den Bauch voll schlägt und sich am nächsten morgen vor leeren Türen wiederfindet.

Was das Bermuda-Dreieck für Schiffe und Flugzeuge ist, ist der Kühlschrank von Herrn Shhhh für alle Arten von liebevoll ausgesuchten und eingekauften Lebensmitteln. Völlig unvermittelt verschwinden sie, meist schon kurz nachdem man sie hineingestellt hat, manchmal tauchen sie nie wieder auf, hin und wieder findet man sie im halblebendigen Zustand zwischen den ungezählten Grillsaucenflaschen, Joghurtbechern, angebrochenen Sahnetüten oder Gläsern eingemachter Unnennbarkeiten die wahrscheinlich bestenfalls unterm Mikroskop ihre wahre Identität preisgeben würden.
In Augenblicken in denen ich mich den harten Fakten des männlichen Junggesellen Haushalts konfrontiert werde, frage ich mich immer wieder warum Männer ihrer Unabhängigkeit und ihrem Trieb nach Freiheit, Abenteuer und Wildnis immer auf solch abstruse Weise Ausdruck verleihen müssen.

Wie ich hier bereits an anderer Stelle einmal erwähnt habe, bin ich, halbwegs erwachsen und immer noch 28 Jahre alt, durchaus anfällig für diese kribbelige kleine Gänsehaut im Nacken die meist nur in Verbindung mit einer sehr ausgeprägten pelzigen Gänsehaut und dem Impuls sich ohne Unterlass umzudrehen auftritt.
Das so was in alten schottischen Gemäuern auftreten kann, dass mag zumindest für jene unter Euch nachvollziehbar sein, die wie ich in ihrer Kindheit und Jugend schlaflose Nächte mit der Taschenlampe in der Hand unter der kuscheligen Bettdecke gelegen haben, anfangs um die neuesten Schauerstories von Barbie + Susan, Tina + Tini oder Denise Mystery zu lesen, dann im späteren Verlauf der Nacht, weil die Dunkelheit zu große Schrecken barg als das man noch hätte auftauchen können und der Blick in die unendlichen Weiten des plötzlich fremd gewordenen Kinderzimmers unvorstellbares Grauen hätte offenbaren können. Das die gleichen Probleme auftreten können, wenn man sich nach einem langen Tag vorm Rechner mit einem großen starken Mann an der Seite nur ein wenig die Beine vertreten will – das ist sogar mir ein Rätsel.

Doch von vorn: Nachdem Herr Shhhh und ich den Sonntag ganz brav und, weitaus wichtiger als das, vor allem fleißig an unseren Rechnern gesessen haben um unseren jeweiligen Pflichten genüge zu tun, entschlossen wir uns gegen Abend uns in unsere warmen Socken, Hosen, Handschuhe, Schals, Jacken, Shirts, noch mehr Pullover und Socken ... zu werfen* und in Richtung SickPuppy aufzubrechen, die uns dann in die Nähe des, Siegen so reichhaltig umgebenden, Waldes zu bringen sollte.
Vor nicht allzu langer Zeit kam mir beim Gedanken an diesen Ring von Wald um diese so sehr von der Welt abgeschnittene Stadt, die tatsächlich in mancherlei Hinsicht noch in einer anderen Zeit oder einer anderen Dimension zu existieren scheint, noch der Gedanke an Mr. Night-Shalymans (wie auch immer er geschrieben wird) letztes Werk „The Village“, heute Abend sollte ich wieder daran denken.
Nach etwa 5 Minuten erreichten wir eine der kleinen Wohnsiedlungen die hier überall als letzte Bastion der Zivilisation die urzeitlichen Schrecken des Waldes aus dem Herzen der Stadt fernzuhalten suchen. Berichte über Menschen die, je länger sie am Rande des Waldes (Wahnsinns?) wohnen, immer sonderlicher werden, sich von Mensch und Maus zurückziehen und die irgendwann einfach verschwinden, hört man immer wieder, bestätigt wurden sie bislang jedoch nie, keiner will etwas gesehen haben niemand hat etwas gehört und findet man doch jemanden der bereit ist den Mund zu öffnen, so heißt es bestenfalls der Betroffene sei eben Siegerländer, die seien nun mal so, da könne man nichts machen.
Wir stiegen also aus dem Wagen, richteten unsere Kleider und machten uns auf einen der von Häusern bewachten kleine Wege die in die scheinbar sicheren Regionen des Waldes führten. Vorbei am letzten heimischen Haus marschierten wir hinein ins Dunkel des frühwinterlichen Novemberwaldes, atmeten tief die eisigkalte Luft die messerscharf in unsere von warmer, trockener Heizungsluft verweichlichten Lungen fuhr und unsere umwölkten Köpfe erfrischte.
Feuchtes, glitschiges Laub, von dem sich die unteren Schichten bereits mit dem den schlammigen Boden vereinigten, machte jeden unserer Schritte zu einem kleinen Wagnis und so verstummte unser munteres Geplapper bereits nach wenigen Minuten. Diese ersten Unwegsamkeiten waren jedoch schon nach etwa fünfhundert Metern überwunden und wir befanden uns auf einem fest geschotterten Weg, Zeichen der Zivilisation, der uns mit einem unendlichen weiten, Nebelschwaden umwölkten Wiesenhang rechter Hand und tiefdunkler Waldesschwärze zur Rechten unseres Weges führen sollte. Gut 15 Minuten marschierten wir schweigend unseres Weges, aufmerksam auf verdächtige Geräusche und Bewegungen horchend, als uns ein Licht auffiel, dass über die Nadelbaumkronen hinweg die wenigen noch mit spärlichem Laub behangenen Kronen der vereinzelten Buchen auf der Wiesenseite erhellte. Flüsternd spekulierten wir woher dieses Licht, dass sich wie ein Halogenstadionstrahler in schwärzester Nacht ausnahm, wohl kommen mochte, einigten uns dann jedoch in Ermanglung einer besseren Erklärung darauf, dass wir wohl Vollmond haben müssten, denn schließlich würde auch der, stünde er nur tief genug, bei solcher Nachtschwärze eine durchaus respektable Helligkeit verbreiten.
Nachdem wir von einer etwas höher liegenden Wiese erfolglos versucht hatten einen Blick auf den Mond zu erhaschen schauten wir noch ein wenig in den Sternklaren Himmel und genossen den Blick auf die gespenstischen, über dem Tal der Ahnungslosen schwebenden Nebelschwaden und beobachteten wie diese hier uns da in die warm erleuchteten Wohnzimmerfenster lugten, eifersüchtig die Wärme neidend, begierig ihre Kälte und Feuchtigkeit zu verbreiten, so man ihnen denn nur Einlass gewähren würde.
Schließlich machten wir uns, getrieben von kalten Händen und hungrigen Bäuchen, auf den Rückweg. Auf Höhe der erleuchteten Baumkronen, fingen wir an uns, übermütig geworden ob der Ereignislosigkeit unseres Spazierganges, Geschichten über den Ursprung dieses Licht auszudenken, schaukelten uns dabei regelrecht hoch. Grade als ich laut überlegte ob Herr Gott nicht einfach mucksch, ob eines Streites mit Frau Gott, weil sie mal wieder der Meinung ist, dass er sich zuviel um die Welt und zu wenig um den Haushalt kümmert, in seinem Arbeitszimmer am Fenster sitzt und ähnlich wie ich in diesem Moment mit seinem Laserpointer spielt und damit die Baumkronen erhellt, wird es hinter uns dunkel. Als wir uns ruckartig umdrehen ist dort nichts mehr, nur noch Schwärze und ein paar kalt grinsender Nebelschwaden, keine Spur von erleuchteten Baumkronen, keine freundlich warme Atmosphäre erhellter Wohnzimmerfenster, nur noch lauernde Dunkelheit. Mit angsterstarrten Gesichtern erinnern wir uns der Geschichten mit denen man uns in unserer Kindheit – sind wir doch beide katholisch erzogen worden – Gottesfürchtigkeit einzubläuen suchte, die Strafen die man uns ankündigte falls wir nicht den notwendigen Respekt zeigten, erinnerten uns der Bilder des grausamen Gottes der blutige Sühne verlangt wo man ihm höhnt oder spottet und - sahen zu das wir in die schützende Sicherheit meiner SickPuppy kamen. Leises Gelächter schien uns nachzuhallen, hartnäckiges Knacken wacht auf unserer Türschwelle. Solchermaßen eingestimmt scheint es mir die perfekte Abrundung des Abends jetzt SAT1 einzuschalten und „The Others“ zu schauen - ist ja glaube ich auch von Mr. Night-Shalyman, oder wie auch immer der sich schreibt. Ich glaube, ich versteck mich heute Nacht noch mal mit der Taschenlampe unter den Bettdecke und schau was passiert.
*Als kleines Schmankerl am Rande: Während ich hier so sitze und vor mich hin tippe, holt sie mich schon wieder ein, diese kleine pelzige, na ihr wisst schon, denn wir sind allein beim Herrn Shhhh in seiner Wohnung unterm Dach, seine Vermieterin ist aushäusig und sonst gibt hier niemanden, und dennoch, während ich diese Worte hier tippe knackt es auf der Schwelle, vor der Eingangstür, ohne unterlass, grade so als Stünde da jemand der sein Gewicht von einem Bein aufs andere verlagert während er überlegt was er nun als nächstes tun soll. Herr Shhhh war so tapfer grade mal nachzuschauen, natürlich nichts da, kaum ist die Tür wieder zu und er ist wieder am anderen Ende des Zimmers angekommen und unter seinen Kopfhörern verschwunden, knackt es wieder, wie um mich zu verhöhnen, ich glaube dieser Tag ist nicht meiner, und ich fürchte diese Nacht könnte eine lange werden. Da, schon wieder, verdammte Hacke, wenn ich wenigstens nicht jedes Mal zucken würde!

 

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